Beobachtung
Beobachtungsarten
Beobachtungsarten
Bei der Datenerhebung mittels Beobachtung können verschiedene Arten voneinander unterschieden werden (vgl. Petermann & Rudinger, 2002; Trautner, 1997):
- Systematisch versus unsystematisch: Bei systematischen Beobachtungen wird dem Beobachter ein Satz von Regeln vorgegeben, die vorschreiben, was und wie dieser beobachten und protokollieren soll (z.B. den Augenkontakt zu einer anderen Person). Man spricht auch von einer strukturierten Beobachtung. Bei der unsystematischen bzw. unstrukturierten Beobachtung werden dem Beobachter hingegen keinerlei Richtlinien bezüglich seiner Beobachtung auferlegt.
- Kontrollierte versus nicht kontrollierte Beobachtungssituation: Eine kontrollierte Beobachtungssituation zeichnet sich durch die Verwendung eines standardisierten Beobachtungsinstrumentes aus. Außerdem wird die kontrollierte Beobachtung in einem standardisierten äußeren Rahmen durchgeführt. Letztgenannter Aspekt findet sich auch bei der Unterscheidung zwischen Labor- und Feldbeobachtung wieder.
- Labor- versus Feldbeobachtung: Während bei einer Laborbeobachtung zumeist eine künstliche Beobachtungssituation vorliegt, findet die Feldbeobachtung unter natürlichen Bedingungen statt. Werden eine gezielte Manipulation und Variation innerhalb eines Labors vorgenommen und die Probanden auf die einzelnen Versuchsbedingungen zufällig (randomisiert) zugewiesen, spricht man von einem Laborexperiment. Erfolgen die gezielte Manipulation und Randomisierung unter natürlichen Bedingungen, handelt es sich um ein Feldexperiment. Beobachtungen zum Verhalten am Computer (z.B. zur Internetnutzung) können ebenfalls im Labor oder im Feld – etwa an dem Heim-Computer der Versuchsperson – durchgeführt werden.
- Teilnehmend versus nicht teilnehmend: Bei der teilnehmenden Beobachtung wohnt der Beobachter der zu beobachtenden Situation bei. Dabei nimmt er eine aktive oder passive Rolle (beispielsweise die Rolle eines Besuchers) in der Beobachtungssituation ein. Bei der nicht teilnehmenden Beobachtung ist dies nicht der Fall.
- Offen versus verdeckt: Bei der offenen Beobachtung weiß der Versuchsteilnehmer, dass er beobachtet wird. Bei der verdeckten Beobachtung ist dies nicht der Fall. Sowohl offene als auch verdeckte Beobachtungen können entweder als teilnehmende oder als nicht teilnehmende Beobachtungen stattfinden.
- Fremd- versus Selbstbeobachtung: Bei der Fremdbeobachtung wird das Verhalten anderer Personen erfasst, bei der Selbst- bzw. Eigenbeobachtung hingegen das eigene Verhalten. In (entwicklungs-)psychologischen Studien dominieren Verfahren der Fremdbeobachtung.
- Mit versus ohne technische Hilfsmittel: Beobachtungen können ohne technische Hilfsmittel nur mit Papier und Bleistift durchgeführt werden. Der Einsatz verschiedener technischer Geräte zur Beobachtung ist allerdings heutzutage weit verbreitet. Beispielsweise können Videokameras, Tonbandgeräte, Eyetracker (Gerät zur Erfassung von Blickbewegungen, siehe Beispiel) oder bildgebende Verfahren (siehe hierzu fMRT) verwendet werden. Durch den Einsatz dieser Geräte können unter anderem Aufzeichnung und Auswertung des Verhaltens getrennt werden.
- Vermittelt versus unvermittelt: Im Zusammenhang mit der Verwendung technischer Hilfsmittel ist auch die Unterscheidung zwischen vermittelter und unvermittelter Beobachtung zu nennen. Bei der vermittelten Beobachtung dienen Aufzeichnungsgeräte zur Speicherung und späteren Auswertung der Beobachtung, während bei der unvermittelten Beobachtung keine technischen Hilfsmittel zum Einsatz kommen.
- Direkt versus indirekt: Die direkte Beobachtung bezieht sich auf das Verhalten selbst, während bei der indirekten Beobachtung die Auswirkungen dieses Verhaltens erfasst werden. Zum Beispiel kann man das Verhalten von Schülern auf dem Schulhof direkt beobachten oder aber nur dessen Auswirkungen (z.B. Zeichnungen auf dem Boden oder liegen gelassener Müll).
- Verbale versus kategoriale Aufzeichnung: Diese Unterscheidung bezieht sich auf die Aufzeichnung von Beobachtungen. Verbalprotokolle geben das beobachtete Verhalten in Form verbaler Beschreibungen wieder, während Kategoriensysteme eine Liste von Konstrukten beinhalten, in die sich die zu beobachtenden Verhaltensweisen einordnen lassen (Schölmerich & Weßels, 1998). Beispielsweise kann man das Verhalten eines Schülers auf dem Schulhof in Form einer verbalen Beschreibung festhalten oder bestimmten Kategorien zuordnen (z.B. der Gebrauch versus Nichtgebrauch des eigenen Handys).
- Kontinuierliche versus diskontinuierliche Messungen: Kontinuierliche Messungen sind Messungen, die fortlaufend vorgenommen werden, während diskontinuierliche Messungen auf Basis von Kategoriensystemen erfolgen. Hierbei wird das Eintreten oder Nichteintreten bestimmter Ereignisse (z.B. Körperkontakt des Kindes zur Mutter) festgehalten (Lohaus, 2007).
- Molar versus molekular: Molare Beobachtungen beziehen sich eher auf globale Kategorien, molekulare Beobachtungen erfassen hingegen feingegliederte Details des Verhaltens. Zum Beispiel bezeichnet man die Erfassung aggressiven Verhaltens als molare Beobachtung, während eine molekulare Beobachtung sich auf das Schlagen mit der rechten Hand in das Gesicht des Gegenübers bezieht.