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Beobachtung
Spezielle Beobachtungsformen
Spezielle Beobachtungsformen
Des Weiteren können folgende spezielle Beobachtungsformen voneinander unterschieden werden (Trautner, 1997):
- Tagebuch: Bei dieser aufwendigen Beobachtungsform wird üblicherweise täglich oder in größeren Abständen die Entwicklung einer Person in ihrer alltäglichen Lebenswelt unsystematisch und in erzählender Form niedergeschrieben. Die Aufzeichnung muss nicht zwingend in einem Buch erfolgen, sondern kann auch mittels Computer oder Handy vorgenommen werden. Protokolliert wird vor allem das, was auffällig oder neu erscheint. Illustrierende Beispiele und Anekdoten ergänzen die Angaben. Zudem kennt der Beobachter die beobachtete Person häufig sehr gut (z.B. führt die Mutter Tagebuch über ihr Kind) oder es handelt sich um eine Selbstbeobachtung. Oft erfolgt keine strikte Trennung zwischen Beschreibung und Interpretation des Verhaltens (vgl. hierzu Hoppe-Graff, 1998).
- Exemplarische Beschreibung: Die exemplarische Beschreibung ist die geplante, kontinuierliche und möglichst vollständige Beschreibung aller auftretenden Verhaltenssequenzen und den dazugehörigen situativen Kontexten unter bestimmten zeitlichen und örtlichen Bedingungen. Diese enorm zeitaufwendige Form der Beobachtung ist stärker systematisiert als das Tagebuchverfahren, jedoch inhaltlich ähnlich offen.
- Spieltechniken: Bei Spieltechniken wird die Datenerhebung im Rahmen eines Spiels vorgenommen. Spieltechniken beinhalten meist einen Verbalanteil und einen Handlungsanteil. Letzterer bezieht sich auf das im Spiel gezeigte Verhalten der zu beobachtenden Person. Aufgrund des Verbalanteils werden Spieltechniken auch als spezielle Befragungsform betrachtet (z.B. Lohaus, 1989). Im Vergleich zu anderen Befragungsarten ist die Sprachbeherrschung durch den beobachtbaren Handlungsanteil als zusätzliche Informationsquelle in geringerem Maße erforderlich. Zudem weisen Spieltechniken üblicherweise eine hohe Motivation bei jüngeren Kindern auf, bergen für diese aber auch zusätzliche Anforderungen, die besonders junge Kinder überfordern können (z.B. die Perspektivenübernahme bei einem Rollenspiel, siehe Lohaus, 1989).
- Schätzung von Eigenschaften: Bei der Schätzung von Eigenschaften wird nicht das beobachtete Verhalten protokolliert, sondern der Beobachter gibt - oft nachträglich - seine Eindrücke wieder, die er aufgrund seiner Beobachtung über die Person gewonnen hat. Anschließend erfolgt meist eine quantitative Auswertung dieser Eindrücke.
- Ethnographie: Bei der ethnographischen Methode handelt es sich um ein beschreibendes, qualitatives Verfahren, bei dem eine Kultur oder eine soziale Gruppe in einer Feldstudie teilnehmend beobachtet wird. Ziel ist es, diese Kultur oder Gruppe zu verstehen. Der Forscher lebt dazu meist über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten bis Jahren mit dieser Gruppe zusammen und nimmt an allen Aspekten des täglichen Lebens teil. Dabei versucht er seinen Einfluss auf die Gruppe zu minimieren und Teil dieser zu werden (Berk, 2005).