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Experiment
Experimentelle Arten
Experimentelle Arten
Folgende experimentelle Arten lassen sich voneinander abgrenzen (vgl. Trautner, 1997):
- Experiment versus Quasi-Experiment: Bei einem "echten" Experiment erfolgt eine zufällige Zuweisung der Versuchspersonen auf die verschiedenen Versuchsbedingungen. Alternativ kann auch eine Parallelisierung (siehe oben) zum Einsatz kommen. Bei einem Quasi-Experiment erfolgt keine zufällige Bedingungszuweisung (z.B. bei den quasi-experimentellen Variablen Geschlecht oder Alter). Beispielsweise könnten die Effekte eines Trainingsprogramms in einer Schulklasse erfasst und mit einer anderen Schulklasse als Kontrollgruppe verglichen werden, die dieses Programm nicht erhält. Unterschiede in den beiden Gruppen können durch die fehlende Randomisierung nicht eindeutig auf das Trainingsprogramm, sondern ebenso auf vorherige Unterschiede in den beiden Schulklassen (z.B. deren durchschnittliche Intelligenz) zurückgeführt werden.
- Hypothesenerkundung versus Hypothesentestung: Erkundungsexperimente dienen dazu, Hypothesen für ein nachfolgendes Experiment zu generieren. Sollen in dem Experiment Hypothesen hingegen überprüft werden, sollten diese vor Durchführung des Experiments explizit formuliert werden. Idealerweise können diese Hypothesen aus Theorien abgeleitet werden, auf die sich das Experiment bezieht.
- Labor- versus Feldexperiment: Ähnlich wie bei der Unterscheidung zwischen Labor- und Feldbeobachtungen kann man bei experimentellen Studien zwischen Labor- und Feldexperimenten unterscheiden. In beiden Fällen erfolgt eine gezielte Manipulation und Variation der unabhängigen Variablen. Im Gegensatz zum Laborexperiment findet das Feldexperiment unter ansonsten natürlichen Bedingungen statt. Hierdurch kann sich die Kontrolle von Störvariablen als schwierig erweisen und die interne Validität des Experiments gefährden. Computerexperimente können an einem Rechner im Labor oder beispielsweise am Heim-Computer der Versuchsperson durchgeführt werden (Vadillo & Matute, 2009).
- Trainings- versus Deprivationsexperiment: Bei Trainings- und Deprivationsexperimenten werden Erfahrungseinflüsse auf Probanden kontrolliert. Im Trainingsexperiment sollen Entwicklungsprozesse durch Übungsprozesse beschleunigt, optimiert oder modifiziert werden. Die Ergebnisse einer Trainingsgruppe werden dafür mit einer Kontrollgruppe verglichen, die kein Training oder ein anderes Training erhalten hat. Im Deprivationsexperiment werden die Erfahrungsmöglichkeiten der Versuchsteilnehmer hingegen eingeschränkt (z.B. durch das Abkleben eines Auges). Folglich kann die Entwicklung verlangsamt oder ganz unterdrückt werden, was für die Bedeutsamkeit dieser Umwelteinflüsse spricht. Häufig verbieten sich Deprivationsexperimente aus ethischen Gründen.
- Simulation der normalen Entwicklung: Bei der Simulation der normalen Entwicklung im Experiment werden langfristige Verhaltensänderungen oder interindividuelle Entwicklungsunterschiede durch systematische Variation der hierfür vermuteten Bedingungen experimentell hervorgerufen oder verringert. Zum Beispiel könnte man versuchen, das schlechtere Abschneiden von älteren Menschen in einem Konzentrationstest durch die provozierte Ermüdung jüngerer Menschen zu reproduzieren. Ziel wäre dabei die Prüfung der Hypothese, dass schlechtere Konzentrationsleistungen älterer Menschen (zum Teil) auf Ermüdungseffekte zurückzuführen sind.